Ketten-Reaktion - Was kann die Blockchain für die Industrie bedeuten?

Würfel ineinander verkettet
© iStock/phive2015

13.12.2018

Sie hat das Zeug, das Wirtschaftsleben in seinen Grundfesten zu erschüttern und unzählige Branchen von Grund auf zu verändern. Das sind Statements, die man sehr häufig im Zusammenhang mit Blockchain hört.

Dabei ist Blockchain nichts anderes als eine öffentliche, für alle einsehbare Datenbank, die anstatt auf einem zentralen Server auf allen Rechnern der Teilnehmer des Blockchain-Netzwerkes verteilt ist und dadurch schwer anzugreifen ist. Sie funktioniert wie ein digitales Kassenbuch, in dem alle Transaktionen, Verträge und Informationen erfasst werden und dessen Gültigkeit in einer Kette von gesicherten Datenblöcken vom gesamten Netzwerk validiert und bestätigt werden.

Revolutionär ist das Konzept deshalb, weil die Technologie erstmals den hochsicheren direkten Austausch von Werten, Verträgen und Informationen ohne Zwischenhändler ermöglicht und somit Vertrauen zwischen Unbekannten schaffen kann. Laut einer Umfrage des World Economic Forum sollen bis zum Jahr 2027 rund zehn Prozent des globalen BIP über die Blockchain laufen.
Wie man Blockchain im Unternehmen jedoch sinnvoll einsetzen kann, bzw. welcher Nutzen, aber auch welche Risiken bestehen, ist vielen noch ein Rätsel. Das Unternehmen Digital Blocks beschäftigt sich mit der Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen auf Basis der Blockchain und ist in diesem Bereich in der Ausbildung und Ideen-Findung für Unternehmen unterwegs. Martin Gruber, der CEO hält dazu Vorträge und Referate und versucht Unternehmen auf eine mögliche nächste Technologiewelle durch Blockchain und Artificial Intelligence vorzubereiten. Seine Expertise gibt Einblick in die Materie.

Mehr Transparenz in der Lieferkette
Durch fehlende Transparenz in der heutigen Supply Chain (sehr papierlastig und Betrugsanfällig) entsteht ein jährlich weltweiter Schaden von ca. 461 Milliarden US-Dollar. Darüber hinaus sind zwischen 20-30% der verkauften Medizin an Entwicklungsländer Fälschungen. Auch im Lebensmittelbereich steigt aufgrund häufiger Lebensmittelerkrankungen der Druck auf die Händler nach mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Produkte. Die Blockchain bietet hier die Möglichkeit einen vollständig nachvollziehbaren Audit-Trail (Paper-Trail) einer Gesamttransaktion zu erstellen, der gegen ungewollte Änderungen (Betrug) geschützt ist und beinahe in Echtzeit relativ einfach verifiziert werden kann. International gibt es bereits einige Unternehmen, die diese Möglichkeit nützen und somit in Sekunden die Herkunft von diversen Produkten nachvollziehen können und diese Möglichkeit auch dem Kunden zur Verfügung stellen. Walmart ist seit Anfang Oktober mit der Lösung des IBM Food Trust hier nicht nur in der Testphase sondern verpflichtet bereits alle Lieferanten in den USA bis spätestens Anfang 2019, die definierten Daten für sogenannte „Green Leafs – Salate, Gemüse…“ auf die firmenübergreifende Blockchain zu speichern und somit die Nachvollziehbarkeit dieser Produkte bis zur eigentlich Farm zu gewährleisten. Ein sehr richtungsweisender Schritt, der zeigt das Unternehmen ganzer Lieferketten plötzlich vor der Aufgabe stehen, eine Blockchain in den Ablauf integrieren zu müssen.

Auch in Österreich gibt es derartige Überlegungen und Hofer startete in den letzten Wochen bereits mit einer Transparenz-Initiative der Produktlinie „Zurück zum Ursprung“.

Die Ablage der notwendigen Daten läuft hier jedoch derzeit noch auf einer zentral verwalteten jedoch firmenübergreifenden Datenbank von Hofer – welche Nachteile im Bereich der Unveränderlichkeit derzeit aufgrund mangelnder Geschwindigkeiten der Blockchain- Lösungen bewusst in Kauf nimmt. Da eine Veränderung der Dateneinträge nicht für Beteiligten (vor allem für Kunden) eindeutig transparent gemacht werden kann, besteht hier ein mögliches offenes Tor für die nachträgliche Änderung der Dateneinträge bei eventuellen Problemfällen. Man muss in diesem Fall auf die Integrität von Hofer vertrauen und nicht auf die Grundeigenschaft einer Technologie. Dies spricht klar für den Einsatz einer Blockchain in der Zukunft.

Unveränderbarkeit von Personenzertifikaten in der Industrie
Personen- und Qualitätszertifikate sind in der Industrie ein sehr wesentlicher Bereich, der für die Sicherstellung der Produktqualität bzw. der Personalqualifizierung (ÖNORM bzw. ISO – Zertifizierung für beispielsweise Schweißer) sehr wichtig ist und gleichzeitig in vielen Branchen mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden ist. Jährlich werden in Österreich ca. 75.000 Erstzertifizierung und in etwas 18.000 Verlängerungen durchgeführt. Die Wirtschaftskammer Österreich und im speziellen der E-Business Verein „Austriapro“ der WKO beschäftigt sich mit einem Projekt zur Validierung dieser Zertifikate auf einer öffentlich zugänglichen und dezentral verwalteten Blockchain-Lösung die eine transparente und unveränderliche Historie der jeweiligen Fähigkeitsnachweise gewährleisten soll. Für die Unternehmen soll dadurch eine einfache Echtheitsprüfung der jeweiligen Zertifikate ermöglicht werden.

Risiken und Einschränkungen
Vor allem für den Anwendungsfall in der Supply-Chain aber auch für den Bereich der Maschinen-Daten bestehen bei der derzeitigen technologischen Entwicklung der Blockchain noch massive Skalierungs-Schwierigkeiten, da die Fülle an Daten nicht in der gewünschten Geschwindigkeit verarbeitet werden können. Eine Analyse von Capgemini in den letzten Monaten in diesem Bereich hat gezeigt, dass es weltweit zwar eine Fülle an Unternehmen gibt, die mit Blockchain experimentieren, dies jedoch nur in sehr kleinen und überschaubaren Proof of Concepts machen. In Summe sind derzeit nur ca. 3% der weltweit gestarteten Projekte wirklich im Implementierungs-Status und alle weiteren befinden sich in der Test- oder Entwicklungsphase.

www.digitalblocks.io


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